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Allgemein

Schutz der Whistleblower – Pflichten der Arbeitgeber

Das neue Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) ist bereits zur Mitte des Jahres, nämlich am 2. Juli 2023 in Kraft getreten, relativ unbemerkt von der Öffentlichkeit. Es setzt die EU-Richtlinie 2019/1937 (die sogenannte Hinweisgeberrichtlinie) in nationales Recht um und soll einen umfassenden Schutz von Whistleblowern gewährleisten.

Unter anderem werden Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten gemäß § 12 Abs. 2 HinSchG verpflichtet, ein internes Hinweisgebersystem einzurichten. Allerdings wurde diese Verpflichtung gemäß
§ 42 Abs. 1 HinSchG für Unternehmen mit in der Regel 50 bis 249 Beschäftigten hinausgeschoben und besteht ab dem 17. Dezember 2023 – steht also unmittelbar bevor.

Die Arbeitgeber haben dafür zu sorgen, dass bei ihnen mindestens eine Stelle für interne Meldungen eingerichtet ist und betrieben wird, an die sich alle Beschäftigten wenden können. Solche Meldestellen können Arbeitgeber mit in der Regel 50 bis 249 Beschäftigten gemäß § 14 HinSchG auch gemeinsam mit anderen Arbeitgebern einrichten und betreiben.

Für Arbeitgeber mit bis zu 249 Beschäftigten ist mittlerweile Eile geboten, um die interne Meldestelle im Unternehmen oder gemeinsam mit anderen Unternehmen einzurichten. Wie in solchen Fällen üblich droht der Gesetzgeber nämlich mit Bußgeldern, falls die interne Meldestelle nicht eingerichtet und betrieben wird, § 40 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 12 Absatz 1 S. 1 HinSchG.

Arbeitgeber sollten neben der Einrichtung der Meldestelle auch das Verfahren festlegen, wie mit Meldungen von Hinweisgebern umzugehen ist.

Dr. Walter Brunner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

Änderung Nachweisgesetz – vieles neu ab 01. August 2022

Zum 1. August 2022 ist eine Umsetzung einer schon recht alten EU-Richtlinie 2019/1152 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union (sog. Arbeitsbedingungen-Richtlinie) durch den deutschen Gesetzgeber erfolgt. Die Frist für die Umsetzung dieser Richtlinie lief für die Mitgliedsländer der EU am 31. Juli 2022 ab.

Im Zentrum der Änderungen des deutschen Rechts stehen die Modifizierungen des Nachweisgesetzes. Dessen bisherige Fassung wird erweitert und verschärft. Ab jetzt drohen erstmals bei Verstößen gegen bestimmte Vorschriften empfindliche Bußgelder.

Für neu begründete Arbeitsverhältnisse sieht das Gesetz Fristen für die Aushändigung der wesentlichen Arbeitsbedingungen vor (während des ersten Monats nach vereinbartem Beginn). Die Änderungen des Nachweisgesetzes gelten jedoch auch für schon am 1. August 2022 bestehende Arbeitsverhältnisse. Insoweit können die Arbeitnehmer von den Arbeitgebern verlangen, dass ihnen die im Nachweisgesetz genannten wesentlichen Arbeitsbedingungen innerhalb einer Woche in Schriftform ausgehändigt werden.

Das Nachweisgesetz sieht ab sofort eine Reihe von neuen Vertragsbedingungen vor, die dem Arbeitnehmer in Schriftform binnen 7 Kalendertagen (!) bestätigt werden müssen (die elektronische (Text-) Form genügt tatsächlich nicht!), wie z.B. 

•             die Dauer der Probezeit, soweit sie vereinbart ist

•             die Vergütung von Überstunden

•             Einzelheiten zur Arbeit auf Abruf, soweit sie vereinbart ist

•             ein Hinweis auf anwendbare Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen

•             Hinweise zur Frist einer Kündigungsschutzklage bei Erhalt einer Arbeitgeberkündigung

und vieles mehr.

Es besteht für Arbeitgeber allein deshalb dringender Handlungsbedarf. Es drohen Bußgelder von bis zu € 2.000,00 je Fall, die es zu vermeiden gilt.

Ab sofort dürfen Arbeitsverhältnisse ohne schriftliche Niederlegung der Arbeitsbedingungen weder begonnen noch fortgesetzt werden. Ansonsten riskieren sie, eine Ordnungswidrigkeit zu begehen. Für bereits bestehende schriftliche Arbeitsverträge ist eine Prüfung und Anpassung zwingend. Bislang war es weder üblich noch notwendig, den Arbeitnehmern Hinweise zu den Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes zu geben. Dies hat sich jetzt geändert.

Besonders gut gemacht ist das Gesetz sicher nicht. Weshalb Arbeitsverträge dem Schriftformerfordernis genügen müssen, ist im Zuge der Digitalisierung, die allseits für erforderlich gehalten wird, schlicht nicht nachvollziehbar. Arbeitgeber müssen im bereits angebrochenen digitalen Zeitalter Archive vorhalten, um die handschriftlich unterzeichneten Arbeitsverträge mit Ihren Mitarbeitern zu sammeln.

Dr. Walter Brunner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

Transparenzregister – Meldung nicht vergessen!

Im Oktober 2017 wurde das sogenannte Transparenzregister eingeführt. Beachtet werden musste es von Gesellschaften bislang jedoch nicht, weil Handelsregister, Partnerschaftsregister, Genossenschaftsregister, Vereinsregister oder Unternehmensregister und die dort ohnehin notwendigen Einträge die Mitteilungspflicht entfallen ließen. Die sogenannte Mitteilungsfiktion ist am 01.08.2021 jedoch entfallen. Seitdem müssen alle Gesellschaften ihre wirtschaftlich Berechtigten gesondert an das Transparentregister melden, um der Verhängung von Bußgeldern zu entgehen.

Für Gesellschaften, die aufgrund des Wegfalls der Mitteilungsfiktion erstmals meldepflichtig geworden sind, sieht das Gesetz Übergangsfristen vor, die beachtet werden sollten:

Bis 31.03.2022 müssen Aktiengesellschaften, europäische SE und Kommanditgesellschaften auf Aktien entsprechende Meldung vornehmen,

bis 30.06.2022 haben Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Partnerschaften, Genossenschaften und europäische Genossenschaften Zeit,

bis 31.12.2022 sind von Stiftungen, eingetragene Personengesellschaften etc. Anmeldungen zum Transparenzregister vorzunehmen.

Die Anmeldung erfolgt elektronisch beim Transparenzregister; anzumelden sind alle wirtschaftlich berechtigten Personen, die mehr als 25 % der Kapitalanteile halten oder mehr als 25 % der Stimmrechte kontrollieren oder eine vergleichbare Kontrolle ausüben. Anzugeben sind Vor- und Nachname, Staatsangehörigkeit, Geburtsdatum und Wohnort der wirtschaftlich berechtigten Personen sowie Art und Umfang deren wirtschaftlichen Interesses.

Leider erschließt sich der Sinn dieser neuen Mitteilungspflicht für alle ordnungsgemäß eingetragenen Gesellschaften nicht. Mit der ersten Anmeldung ist es auch nicht getan; das Transparenzregister ist auch künftig bei allen Änderungen gleichzeitig zu informieren.

Dr. Walter Brunner, Rechtsanwalt

Der Brexit – Auswirkungen auf das Gesellschaftsrecht

Das Oberlandesgericht München hat im Sommer des vergangenen Jahres ein weitreichendes Urteil gefällt, das in Veröffentlichungen die schöne Überschrift erhalten hat: Brexit means Brexit: (OLG München, Urteil vom 05.08.2021 – 29 U 2411/21Kart).

Eine in Deutschland geschäftlich tätige Onlinehändlerin in der Rechtsform einer britischen Limited (ltd.) hatte versucht, kartellrechtliche Unterlassungsansprüche vor Münchner Gerichten durchzusetzen, ohne zu realisieren, dass nach dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union in Deutschland tätige Gesellschaften sich an EU-Recht orientieren müssen.

Bis zum Austritt Großbritanniens am 31.12.2020 galt für britische Gesellschaften – ebenso wie für andere Gesellschaften, die in einem EU-Mitgliedstaat gegründet wurden – aufgrund der Niederlassungsfreiheit die sogenannte „Gründungstheorie“, wonach die Rechtsfähigkeit von Gesellschaften nach dem Ort der Gründung zu beurteilen waren.

Nach dem endgültigen Austritt Großbritanniens – Brexit – aus der EU gilt Großbritannien als sogenannter „Drittstaat“. Eine britische Gesellschaft mit tatsächlichem Verwaltungssitz in Deutschland muss damit nach dem im deutschen Gesellschaftsrecht geltenden „numerus clausus“ der Gesellschaftsformen je nach Ausgestaltung als Gesellschaft bürgerlichen Rechts, offene Handelsgesellschaft oder einzelkaufmännisches Unternehmen behandelt werden – und dementsprechend auch im Rechtsverkehr auftreten. Dies hat auch Folgen für die für die Gesellschaft auftretenden Personen/Gesellschafter, die in diesen Fällen in vollem Umfang persönlich haften und dementsprechend auch in Anspruch genommen werden können!

Bei Streitigkeiten mit britischen Gesellschaften lohnt sich daher eine Prüfung des Sitzes der Gesellschaft. Sie können nur dann in der ursprünglichen Rechtsform weiter in Deutschland tätig sein, wenn sie ihren Sitz tatsächlich in England haben sollten.

Dr. Walter Brunner, Rechtsanwalt

Änderung in der betrieblichen Altersversorgung zum 01.01.2022

Das Betriebsrentenstärkungsgesetz ist zwar schon einige Jahre alt und wurde von der „Großen Koalition“ im Kalenderjahr 2018 aus der Taufe gehoben. Arbeitgeber müssen jedoch spätestens seit Januar 2022 beachten, dass Entgeltumwandlungen der Arbeitnehmer, die über eine Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensionsfonds durchgeführt werden, mit 15 % des umgewandelten Entgelts bis zur Höhe der eingesparten Sozialversicherungsbeiträge bezuschusst werden müssen. Diese Regelung, die zunächst nur für Neuzusagen ab 1. Januar 2019 galt, wurde zur Jahreswende 21/22 auf sämtliche individual- und kollektivrechtlichen Entgeltumwandlungsvereinbarungen zwischen den Arbeitsvertragsparteien unabhängig vom Datum des Abschlusses erweitert. Ausnahmen gibt es nur im Falle abweichender Tarifverträge.

Um die Sozialversicherungsersparnis zu ermitteln, muss der Arbeitgeberanteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag zur gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung ermittelt werden. Die Berechnung der Ersparnis ist im Einzelfall kompliziert. Möchte der Arbeitgeber sie vermeiden, müsste er zur Sicherheit 15 % des umgewandelten Entgelts als Zuschuss bezahlen.

Kommt der Arbeitgeber seiner gesetzlichen Zuschusspflicht nicht nach, haftet er für Einbußen, die seinen Arbeitnehmern in der Rentenphase entstehen, § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG. Diese Haftungsansprüche verjähren praktisch nicht, da die Verjährung erst mit Eintritt des Versorgungsfalles beginnt und dann 30 Jahre dauert!

Für die Arbeitgeber ist es jetzt daher höchste Zeit, alte Vereinbarungen, die die Zuschusspflicht nicht oder nicht in vollem Umfang berücksichtigt haben, umzustellen. Dabei sind folgende Varianten zu prüfen, die nach der Rechtsauffassung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales Abhilfe schaffen:

  • Erhöhung des bestehenden Versorgungsvertrages (falls versicherungstariflich möglich und/oder sinnvoll)?
  • Abschluss eines neuen Vertrages unter Berücksichtigung der Zuschusspflicht, ist er versicherungstariflich möglich?
  • Ist der Arbeitnehmer mit einer Absenkung der Gehaltsumwandlung einverstanden, sodass sich der Arbeitgeber ohne Änderung des Versicherungsvertrages beteiligen kann?

Dr. Walter Brunner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

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